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Damit unsere ökologisch wirtschaftenden Betriebe im Land erfolgreich und nachhaltig produzieren können.
Seit 2020 leitet Dr. Andreas Butz das Referat „Ökologischer Landbau beim LTZ Augustenberg. Als Agrarwissenschaftler hat er nach seiner Promotion im ökologischen Pflanzenschutz an der Universität Kassel das Sachgebiet Pflanzenbau am LTZ Augustenberg geleitet.
Herr Dr. Butz, welchen Stellenwert hat der ökologische Landbau beim LTZ Augustenberg?
Als einzige landwirtschaftliche Landesanstalt in Baden-Württemberg hat das LTZ, neben der Stiftung Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee in Bavendorf, seit 2016 ein eigenes Referat, das sich mit dem ökologischen Landbau beschäftigt. Darüber hinaus spielt das Thema ökologischer Landbau auch in anderen Arbeitsbereichen des LTZ eine Rolle, z. B. in der Außenstelle Donaueschingen, die sich mit dem Kartoffelanbau befasst, oder im Sachgebiet biologischer Pflanzenschutz. Durch die Umstellung von Teilflächen des Obstbau Lehr- und Versuchsbetriebs auf ökologischen Obstbau und auf dem Stifterhof in Östringen-Odenheim auf ökologischen Ackerbau mit reduzierter Bodenbearbeitung, wird in Zukunft die Bedeutung des ökologischen Landbaus weiter zunehmen. Das LTZ ist zudem Teil des Kompetenzzentrums ökologischer Landbau Baden-Württemberg (KÖLBW) auf der Hochburg bei Emmendingen, die dortige Außenstelle des LTZ ist auch der Hauptstandort des Referats ökologischer Landbau.
Welche Aufgaben hat das KÖLBW?
Das KÖLBW wurde 2013 mit dem Ziel gegründet, praxisnah zu forschen und zeitnah einen Wissenstransfer zu ermöglichen. Drei Partner arbeiten im KÖLBW eng zusammen:
· das Landwirtschaftliche Bildungszentrum (LBZ) des Landkreises Emmendingen für den Bereich Bildung,
· das Hofgut Domäne Hochburg als Praxisbetrieb und
· das LTZ Augustenberg, das sich primär mit der Ökolandbauforschung befasst.
Damit ist auf der Hochburg ein „Innovationscluster“ entstanden mit viel Potenzial, um den ökologischen Landbau in Baden-Württemberg weiterzuentwickeln.
Beim LTZ ist der Koordinator des KÖLBW, Josef Schimetschek, angesiedelt, der die Aufgabe hat, die drei Partner im KÖLBW und die anderen Landesanstalten miteinander zu verknüpfen.
Eine weitere Besonderheit ist, dass das LTZ durch das KÖLBW in den Fachschulunterricht für den Pflanzenbau in der Fachschulklasse Fachrichtung Ökolandbau eingebunden ist. Darüber hinaus bietet das LTZ unter dem Dach des KÖLBW Fachpublikationen und vielfältige Veranstaltungen von Feldtagen über Farminare bis hin zu Fortbildungen an. Dazu gehört ganz besonders auch das ÖkoNetzBW, das mit seinen über 30 Partnerbetrieben eine Plattform zum Dialog und Austausch von Praktikerinnen und Praktikern schafft.
Welchen Beitrag leistet das LTZ Augustenberg in der Forschung und Entwicklung im ökologischen Landbau?
Wir koordinieren auf sieben Standorten verteilt über das Land die Landessortenversuche unter ökologischen Anbaubedingungen mit etwa 265 Sorten der 18 wichtigsten Ackerbaukulturen. Hinzu kommen weitere Sortenversuche mit kleinen Kulturen, die zukünftig ein Potenzial haben könnten, gerade im Hinblick auf den Klimawandel. Dazu gehören Kichererbsen, Trockenbohnen oder Wintererbsen im Gemenge. Darüber hinaus führen wir produktionstechnische Versuche zu aktuellen Fragestellungen des ökologischen Landbaus durch. Dazu gehören Versuche zur Verbesserung der Nährstoffversorgung, insbesondere im viehlosen Ökolandbau, durch die Schließung von Kreisläufen über die Betriebsgrenzen hinaus mit Grüngutkomposten und Phosphat-Rezyclaten. Wir beschäftigen uns mit der Verbesserung der Produktqualität im Rahmen der Sortenversuche oder beispielsweise durch Versuche in Winterweizen und Körnermais mit Biostimulanzien. Zur Verbesserung der Aminosäuremuster bei Rispenhirse führen wir Versuche mit Blattdüngern oder Schwefeldüngern durch. Wir untersuchen Strategien zur Klimaanpassung z. B. durch temporäre Mulch- und Direktsaatsysteme. Zur Verbesserung der Biodiversitätsleistungen testen wir etwa blühende Untersaaten in Getreide mit erweiterten Reihenabständen oder ein feldvogelfreundliches Kleegrasmanagement. Bei den Sonderkulturen Kartoffeln, Gemüse und im Obstbau erarbeiten wir Strategien zur Regulierung von Schaderregern. So ist zum Beispiel das Referat 32 Teil des Verbundprojekts „Kontrolle der Rostmilbe in Tomate unter biologischen Anbaubedingungen“ (KRETSCHAB).
Wir tauschen uns regelmäßig mit den Dienststellen bzw. Landwirtschaftskammern der anderen Bundesländer, den Hochschulen im Land und den ökologischen Anbauverbänden aus. Besonders im Rahmen von Forschungsprojekten gibt es eine nationale wie internationale Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen wie z. B. dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz. Um besonders die Bedürfnisse der Praxis im Blick zu haben, gibt es für den Ackerbau seit dem vergangenen Jahr einen Arbeitskreis mit Beraterinnen und Beratern der Ökoverbände.
Macht es Sinn, dass das LTZ Augustenberg sowohl den ökologischen als auch den konventionellen Pflanzenbau bearbeitet?
Es macht sehr viel Sinn. So können wir beispielsweise die Stärken und Schwächen beider Ansätze besser verstehen und Innovationen entwickeln, die für beide Landbauformen relevant sind. Dadurch können wir mit dazu beitragen, die ökologische Landwirtschaft weiterzuentwickeln und gleichzeitig die konventionelle Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Viele der derzeit im konventionellen Ackerbau diskutierten neuen Ansätze zu mehr Nachhaltigkeit wie die Ideen der regenerativen Landwirtschaft oder für die Pflanzenschutzmittelreduktion, kommen aus dem Ökolandbau sei es z. B. die Integration von Zwischenfrucht und Untersaatenanbau in Fruchtfolgen oder die mechanische Unkrautregulierung mit Striegel, Rotorhacken, Kamerahacken und Co.
Der Ökolandbau benötigt jedoch eine eigenständige Forschung, da er durch seinen Systemansatz und deutlich niedrigeren und gesetzlich regulierten Input nur in wenigen Ausnahmefällen wie z. B. der Resistenzzüchtung von der Forschung im konventionellen Ackerbau profitieren kann. Nicht nur im Hinblick auf die Ausbauziele des Landes auf 30–40 % Ökolandbau ist daher eine verstärkte eigenständige Ökolandbauforschung sehr wichtig. Ganz abgesehen davon, wird auch die integrierte Produktion von einer praxisnahen Ökolandbauforschung auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit profitieren.
Was sind aus Ihrer Sicht die bisher erreichten Meilensteine?
Mit dem KÖLBW ist auf der Hochburg ein über die Region hinaus sichtbares Kompetenzzentrum für Forschung, Bildung und Praxis entstanden. Auch das Referat Ökologischer Landbau hat sich sehr stark entwickelt. Dank einem sehr engagierten Team konnte der Umfang der bearbeiteten Versuchsfragen stetig erweitert und mit Ochsenhausen ein weiteres Öko-Versuchsfeld eingerichtet werden. Neue Projekte wurden angegangen und das ÖkoNetzBW aufgebaut. Dies hatte zur Folge, dass die im Jahr 2016 noch als großzügig angesehene Raumplanung nicht mehr ausreicht. Vor zwei Jahren musste der Besprechungsraum in ein Großraumbüro umgewidmet werden.
Die Fachschule für ökologischen Landbau des LBZ hat sich fest etabliert und erfährt Zuspruch auch aus anderen Bundesländern. Der Standort ist vom Land als einer der drei Schwerpunktfachschulstandorte ausgewählt worden.
Am wenigsten Meilensteine konnten leider auf dem Praxisbetrieb erreicht werden. Bei der notwendigen Sanierung der Domäne Hochburg gibt es große Verzögerungen, die nicht nur den Praxisbetrieb sondern auch das gesamte KÖLBW beinträchtigen.
Wo sehen Sie die zukünftigen Schwerpunkte in Ihrer Arbeit?
Das Ziel der Landesregierung 30–40 % Ökolandbau in Baden-Württemberg wird unsere Arbeit in allen Bereichen des KÖLBW prägen, gerade auch in der Bildung. Mit der wachsenden Zahl an ökologisch wirtschaftenden Betrieben müssen mehr Landwirtinnen und Landwirte im ökologischen Landbau qualifiziert werden, durch die Fachschulklasse, ein entsprechendes Fortbildungs- und Informationsangebot und auch durch den direkten Erfahrungsaustausch der Landwirtinnen und Landwirte im ÖkoNetzBW.
Das LTZ muss Lösungen für die großen Herausforderungen entwickeln, mit denen die landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg. konfrontiert sind: Wie gehen wir mit den Folgen der Klimakrise um? Welche Maßnahmen müssen wir gegen den Artenschwund ergreifen? Wie sichern wir die Wirtschaftlichkeit der Betriebe und welchen Beitrag können wir in der landwirtschaftlichen Produktion für resiliente Ernährungssysteme leisten?
Im Rahmen des INTEREG Projekts KlimaCrops untersuchen wir beispielsweise das Potenzial temporärer Direkt- oder Mulchsaatsysteme. Wie müssen aber auch „einfachere“ Lösungen testen wie die Erweiterung des Spektrums um neue Kulturarten, die besser an die sich wandelnden Klimaverhältnisse angepasst sind. Auch prüfen wir, wie die Kulturresilienz durch Sortenwahl bzw. heterogenes ökologisches Material, Biostimulanzien oder Mischanbau erhöht werden kann. Außerdem befassen wir uns mit der Frage, wie insbesondere viehlose Ackerbaubetriebe bei knappen Nährstoffressourcen ihre Düngung optimieren können.
Dabei müssen wir immer auch im Blick behalten, die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu verbessern. So helfen wir mit unseren Landessortenversuchen, geeignete Sorten zu wählen. Eine der größeren Herausforderungen für uns wird sein, die Konflikte, die es für die Betriebe zwischen den verschiedenen Zielen gibt, zu lösen. Denn unsere Aufgabe ist, dazu beizutragen, dass unsere ökologisch wirtschaftenden Betriebe im Land erfolgreich und nachhaltig produzieren können.