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Symbolbild mit Kühen auf der Weide und mobilen Melksyständen

Weidegang und Melken sinnvoll kombinieren

Uwe Eilers, Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW), Aulendorf

Der Trend oder auch die Verpflichtung zum Weidegang von Milchkühen erfordert entsprechende Überlegungen, wie Melken und Weidegang sinnvoll kombiniert werden können. Für viele Betriebe stellt dies eine Herausforderung dar, denn oft besteht eine räumliche Trennung zwischen Weidefläche und Melksystem.  Bei betrieblichen Entscheidungen zum Thema Weidegang bzw. Melken muss deshalb unter den jeweiligen Bedingungen eine möglichst gute Konstellation gefunden werden, verschiedene Möglichkeiten stehen den Landwirtinnen und Landwirten hier zur Verfügung.

Der Trend oder auch die Verpflichtung zum Weidegang von Milchkühen erfordert entsprechende Überlegungen der Landwirtinnen und Landwirte, wie das Melken sinnvoll organisiert werden kann. Unter mitteleuropäischen Bedingungen ist es eine Herausforderung, denn in der Regel besteht eine räumliche Trennung zwischen Weidefläche und Melksystem. Je nachdem wie weit die Weideflächen vom Melkstandort entfernt sind kann dadurch erheblicher Zeit- und Arbeitsaufwand entstehen. Bei betrieblichen Entscheidungen zum Thema Weidegang bzw. Melken muss deshalb unter den jeweiligen Bedingungen eine möglichst gute Konstellation gefunden werden.

Bei der Kombination eines stallbasierten automatischen Melksystems mit Weidegang besteht häufig die Tendenz, den Weidegang einzuschränken, um die gewünschten Melkfrequenzen zu erreichen. Das läuft jedoch anderen Zielen zu wider: möglichst ausgiebiger Weidegang wie zum Beispiel im ökologischen Landbau gefordert, maximale Ausnutzung des kostengünstigen Weidefutters, arbeitswirtschaftliche Vorteile oder auch Reduzierung von Emissionen. Für die Nutzung aller potenziellen Vorteile von Melkroboter und Weidegang sind deshalb einige Maßnahmen und Rahmenbedingungen wichtig. Dazu gehören hofnahe, möglichst arrondierte Weideflächen als Grundvoraussetzung.

Grafik Melksystem-Optionen bei Weidegang von Milchkühen
Grafik 1: Melksystem-Optionen in Abhängigkeit verfügbarer Weideflächen (gestrichelte Linien zeigen Lösungen, die bei uns bisher keine nennenswerte Rolle spielen) - Uwe Eilers, LAZBW


Mobile Melktechnik

Durch das Melken auf der Weide lassen sich hoffernere sowie schwer erreichbare oder zu bewirtschaftende Weideflächen für Milchkühe erschließen (Abb. 1), um auf ein gefordertes Minimum an Weidefläche zu kommen bzw. mehr kostengünstiges Gras als Futtergrundlage zu gewinnen. Auch lassen sich so hofnahe Weideflächen schonen, die sonst mit negativen Auswirkungen auf die Grasnarbe und den Pflanzenbestand eher übernutzt würden. Ein gravierender Nachteil ist der Einfluss von zeitweise unangenehmen Witterungsbedingungen auf Mensch und Tier sowie die Wege und Transporte die täglich zwischen Hof und Weide zurückzulegen sind. Einfache Weidemelkstände eignen sich für kleine bis mittelgroße Herden mit maximal ca. 45 zu melkenden Kühen. Modernere Bauformen mit entsprechender Melktechnik kommen durchaus für Herden mit 60 Kühen und mehr in Frage.

Für die Logistik rund um mobile Melksysteme sind unterschiedliche Lösungen denkbar. Dabei geht es vor allem um die Versorgung mit Strom, Wasser und Kraftfutter. Strom wird zur Beleuchtung, für Vakuum- und Wasserpumpe sowie zur Erhitzung des Spülwassers benötigt, Wasser insbesondere für die Reinigung von Melkstand und ggf. Euter sowie zur Melkmaschinenspülung. Folgende Varianten sind zum Beispiel denkbar:

  1. Direkter Anschluss des Melksystems an das öffentliche Strom- und Wassernetz. Bei Milchabholung von der Weide erübrigen sich die sonst üblichen täglichen Transporte von z.B. Wasser und Milch.
  2. Stromaggregat und Wassertank vor Ort und täglicher Abtransport des Spülwassers und der frischen Milch.
  3. Separate mobile Melktechnikeinheit inkl. Stromaggregat, Spülung der Melktechnik am Hof, der Transport von (gebrauchtem) Spülwasser ist so nicht nötig.
  4. Weidemelkwagen, d.h. der gesamte Melkstand mit Technik pendelt täglich zweimal zwischen Hof und Weide.

Die Variante 4. bedeutet täglich einen größeren Aufwand für den Transport, bietet aber auch Vorteile. Zum Reinigen und Spülen kann die Hofinfrastruktur genutzt werden, die Rüstzeiten auf der Weide sind verkürzt und das Melken kann sehr ortsflexibel auf den Weideflächen stattfinden.

Ein möglichst befestigter Nachwartebereich in dem die Kühe nach dem Melken gesammelt werden, um sie zusammen auf die nächste Weidefläche zu lassen, ermöglicht außerdem die Zufütterung zum Beispiel von Heu über eine Raufe. Dies kann, neben einer Wassertränke in diesem Bereich, auch den Melkumtrieb beschleunigen.

Mobile automatische Melksysteme sind als Selbstfahrer (Raupe) oder transportierbare Version (Container) getestet worden. Sie müssen wie Weidemelkstände mit Stromaggregat, Wassertank, Milchtank, Kraftfutterbehälter sowie Elektronik ausgestattet sein. Für letzteres bietet sich ein kleines Stallbüro mit PC (-Anschluss) für das Datenmanagement an. Sie werden wie die festen Einheiten in Irland oder Neuseeland mitten in den arrondierten Weideflächen platziert und grundsätzlich im Vollweidesystem eingesetzt. Der Standplatz des Roboters sowie die umliegenden Flächen mit intensivem Tierverkehr sind befestigt, z.B. mit Spaltenbodenelementen. Ein abgegrenzter Wartebereich ist z.B. mit Wassertränke ausgestattet, um die Attraktivität zu erhöhen. Dieser Bereich ist für die Kühe über Einwegtore ständig erreichbar und nur über den Melkroboter zu verlassen. Nach dem Melken gelangen sie auf eine frische Weideparzelle.


Zusammenfassung

Im Zuge des Trends zur Weidehaltung von Milchkühen stellt sich einzelbetrieblich die Frage der konkreten Umsetzungsmöglichkeit. Ausgehend von vorhandenen Weideflächen gilt es, die passende Lösung für das Melken zu finden. Mobile Melksysteme ermöglichen die Erschließung hofferner Flächen und erweitern die Spielräume, um die Vorteile des Weidegangs nutzen oder Vorgaben einhalten zu können. Unterschiedliche Melktechnikvarianten bieten passende Lösungen je nach Herdengröße und sonstigen Rahmenbedingungen.

LAZBW - Stand: 1/2024

Bild 1:

Weideselektionstor (im Hintergrund) zur Steuerung des Weidezugangs über das Melkanrecht am automatischen Melksystem. Im Vordergrund Einwegtor zur freien Rückkehr der Kühe von der Weide in den Stall.

Bild 2:

Einfacher Weidemelkstand mit Rampen für Zu- und Abtrieb (hier im provisorischen Einsatz am Hof).

Bild 3:
Moderner Weidemelkstand im Side-by-Side-Format mit Hubvorrichtung zum ebenerdigen Zu- und Abtrieb. 

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