Ein Demonstrationsbetriebsnetzwerk für den Ökolandbau in Baden-Württemberg
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Das ÖkoNetzBW ist ein Demonstrationsbetriebsnetzwerk für Ökolandbau. Rund 30 erfolgreich ökologisch wirtschaftende Betriebe aus ganz Baden-Württemberg wurden seit Gründung des Projekts 2022 ausgewählt. Die Partnerbetriebe des ÖkoNetzBW spiegeln die räumliche und strukturelle Vielfalt der baden-württembergischen Landwirtschaft wider, mit verschiedenen Schwerpunkten von Tierhaltung über Ackerbau bis Obst-, Gemüse- und Weinbau. Gemeinsam mit dem Biodiversitäts- und Pflanzenschutzmittelreduktionsnetzwerk gehört das ÖkoNetzBW zu den Betriebsnetzwerken in der Strategie des Landes Baden-Württemberg zur Stärkung der Biodiversität.
Die Betriebsleiter und -leiterinnen der Partnerbetriebe unterstützen Landwirtinnen und Landwirte dabei, konkrete Fragen rund um den
Ökolandbau zu beantworten und teilen wertvolle Praxiserfahrung. Die Betriebe des Netzwerks sind Ansprechpartner für
Umstellungsinteressierte oder bestehende Biobetriebe, die sich für neue Produktionszweige interessieren.
Außerdem finden im Netzwerk Fachveranstaltungen in Form von Hofgesprächen, Stall- und Feldbegehungen, die aktuelle Themen aufgreifen, von der Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung statt. Dabei kooperiert das ÖkoNetzBW mit weiteren Akteuren wie den Biomusterregionen, Anbauverbänden, Fach- und Berufsschulen sowie den Landwirtschaftsämtern vor Ort. Mit dem Kompetenzzentrum für Ökolandbau (KÖLBW) und den Landesanstalten wurde 2024 die Farminar-Reihe „So geht Bio! Theorie und Praxis“ durchgeführt.
Ein besonderes Format, das das ÖkoNetzBW anbietet, sind die sogenannten „Bauer zu Bauer-Gespräche“. In Kleingruppen oder Einzelgesprächen geben sie ihr Wissen in vertraulichem Rahmen weiter. Die angekündigten Themen der ein- bis zweistündigen Gespräche dienen dabei lediglich als Einstieg. Die Partnerbetriebe stehen für alle Fragen zur Verfügung.
Netzwerk-Koordination
Die Koordinationsstelle des ÖkoNetzBW kümmert sich um die Organisation der Bauer-zu-Bauer Gesprächstermine, Veranstaltungen wie Hofgespräche und die dazugehörige Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehören die Projektwebsite mit einem Blog, ein Newsletter sowie Videos, die auf YouTube veröffentlicht werden.
Außerdem geht es stetig um die Weiterentwicklung des Netzwerks: sind alle Regierungsbezirke und Landkreise gleichmäßig abgedeckt? Können besonders innovative Betriebe mit aufgenommen werden?
Die Betriebsleiter und –leiterinnen bekommen für die Teilnahme an den Netzwerkaktivitäten Aufwandsentschädigungen.
Um auch untereinander den Austausch zu fördern, gibt es einmal im Jahr ein Netzwerktreffen, das im November 2024 in Esslingen am
Neckar stattfand. Der Tag war voller guter Ideen, inspirierendem Austausch und lieferte den Beteiligten viel Energie, um sich weiter der
gemeinsamen Vision von (mehr) Bio in der Landwirtschaft zu widmen.
Das ÖkoNetzBW möchte mit seinen niederschwelligen Gesprächsangeboten und Veranstaltungen einen Raum eröffnen, in dem sich Berufskollegen und –kolleginnen austauschen können. Es kann ein wichtiger Baustein auf dem Weg der Umstellung sein, auch wenn es keine Umstellungsberatung ersetzt, sondern diese ergänzt. Die Gespräche können Sorgen nehmen,
"Ja, ich bin auch nach 15 Jahren immer noch aufgeregt vor der Ökokontrolle“,
gleichzeitig geben die Betriebsleiter und -leiterinnen realistische Einschätzungen, was bei ihnen gut funktioniert und was nicht.
Das Schöne an Wissen: es wird mehr, wenn man es teilt!
Wir freuen uns über Anfragen von Praktikern und Praktikerinnen für Betriebsbesuche und sind offen für
Veranstaltungsideen, Exkursionen und andere Formaten zu verschiedenen Schwerpunktthemen.
Weitere Informationen:
1. Was sind deine Aufgaben am KÖLBW?
Ich koordiniere das „ÖkoNetzBW“, ein Demonstrations-Betriebsnetzwerk für Ökolandbau, das vor allem Umstellungsinteressierten die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit langjährig erfahrenen Bio-Betrieben bietet. Das meiste ist Büroarbeit, also Kommunikation, Veranstaltungs-Organisation, Öffentlichkeitsarbeit etc. Hinzu kommen die Betriebsbesichtigungen, Feld- und Hofgespräche sowie Messen und der Austausch innerhalb der baden-württembergischen Bio-Welt mit verschiedenen Akteuren.
2. Seit wann wusstest Du, dass Du in der Ökobranche arbeiten möchtest und wie bist Du zum Ökolandbau gekommen?
So direkt war mir das nicht klar. Im Bachelor-Studium habe ich „Nachhaltigkeitsmanagement“ studiert, komme also eher aus einer betriebswirtschaftlichen Richtung. Unter anderem ging es um Kreislaufwirtschaft und die Auswirkungen unseres Wirtschaftssystems auf die Umwelt. Es war gleichzeitig sehr umfassend und doch etwas abstrakt, deswegen wollte ich mich im Master-Studium konkret auf nachhaltige Landwirtschaft spezialisieren. An der Uni Hohenheim war ich im Arbeitskreis Ökolandbau aktiv.
Die Frage, wo Lebensmittel herkommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden hat mich nebenbei immer beschäftigt – am liebsten bio und regional. Auch das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinwohl-Ökonomie hat mich für faire Liefer- und Wertschöpfungsketten sensibilisiert, sodass ich mich bei jedem Produkt frage, bis wohin ich es zurückverfolgen kann.
Die Stellenausschreibung hat mich dann direkt angesprochen: das Projekt klang spannend und obwohl ich keine einschlägige landwirtschaftliche Berufserfahrung habe, liegt mir das Netzwerken.
3. Was hast Du vor Deiner Tätigkeit beim ÖkoNetzBW gemacht?
Ich komme noch recht frisch aus dem Master-Studium „Environmental Protection and Agricultural Food Production“ in Hohenheim, habe aber z.B. über die Mitorganisation einer Projektwoche für Studierende zum Thema „Nachhaltige Landwirtschaft“ am Karlsruher Institut für Technologie bereits einen guten Überblick zu Organisationen in der baden-württembergischen Bio-Branche bekommen.
4. Hattest Du früher bereits Berührungspunkte mit Baden-Württemberg?
Ja, ich bin im Kraichgau aufgewachsen und abgesehen von zwei Auslandssemestern habe ich die meiste Zeit dort bzw. in Karlsruhe gewohnt.
5. Was findest Du gerade an der Schnittstelle: Ökolandbau Praxis und Verwaltung reizvoll?
Den kooperativen Erfahrungsaustausch zwischen Biobetrieben gab es natürlich auch schon vor dem ÖkoNetzBW. Aber es ist trotzdem hilfreich, wenn diese Angebote von Seiten der Verwaltung unterstützt und gefördert werden und es eine gebündelte Anlaufstelle gibt, über die Umstellungsinteressierte niederschwellig in Kontakt mit Bio-Betrieben kommen können. Gleichzeitig können aus der gesammelten Erfahrung der Netzwerk-Betriebe auch Anregungen in die Politik zurückgespielt werden.
6. Was fasziniert Dich an der Arbeit mit den Partnerbetrieben und an dem Ansatz des ÖkoNetzBW?
Im Kontakt mit den Partnerbetrieben finde ich die Vielfalt faszinierend: zu sehen, welche unterschiedlichen Wege zu „Bio“ führen können; ebenso wie die Vielfalt zwischen den Betrieben und innerhalb eines Betriebes. Außerdem nehme ich großes Engagement, Experimentierfreudigkeit und den Drang sich stetig weiterzuentwickeln wahr.
Das ÖkoNetzBW ist in verschiedene Richtungen vernetzt, sowohl lokal mit den Betrieben und Landwirtschaftsämtern als auch überregional mit den Öko-Verbänden, den Biomusterregionen, dem Biodiversitäts- und Pflanzenschutzmittelreduktions-Netzwerk und dem KÖLBW. So kann ich bei verschiedenen Anfragen vermitteln und im besten Fall Synergien schaffen.
7. Was bereitet dir besonders viel Freude bei der täglichen Arbeit?
Jeder Betriebsbesuch ist ein Highlight! Und ich freue mich besonders, wenn unsere Veranstaltungen gut besucht sind.
Auch der Austausch mit dem Team auf der Emmendinger Hochburg ist sehr wertvoll, da ich viel aus der aktuellen Forschung und Weiterentwicklung im Ökolandbau direkt mitbekomme und es ein sehr schönes, hilfsbereites und offenes Miteinander gibt.
Und die Verbindung dazwischen: ich freue mich immer, Produkte von den Betrieben wie z.B. Alblinsen bei einem gemeinsamen Mittagessen im Team zu genießen, denn da weiß ich ganz genau, wo sie herkommen und teile diese Freude mit anderen, die das ebenfalls wertschätzen.
8. Was wünschst Du Dir persönlich für deine Arbeit und was wünschst du dem Projekt des ÖkoNetzBW?
Ich fände es schön, wenn der Wissens- und Erfahrungsaustausch noch stärker an die nächste Generation, also in die Fach- und Berufsschulen läuft. Allerdings gibt es auch einige Hindernisse für den Biolandbau, an denen das ÖkoNetzBW wenig ändern kann. Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen eine Umstellung auf Bio zurzeit wenig attraktiv. Hier sehe ich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: die Forderung nach und Wertschätzung für naturverträglich produzierte Lebensmittel muss sich in dem widerspiegeln, was bei den landwirtschaftlichen Betrieben ankommt. Trotzdem können wir hier und heute anfangen. Beispielsweise können gemeinsam mit den Biomusterregionen neue Wertschöpfungsketten aufgebaut werden, wo Betriebe überlegen auf Bio umstellen, sich aber noch Sorgen um Absatz- und Vermarktungsmöglichkeiten machen. Die ÖkoNetzBW-Betriebe liefern aus ihrer eigenen Erfahrung heraus Tipps zu konkreten Fragestellungen in der Produktion.
Leider verlasse ich Ende März das ÖkoNetzBW, um mich in einer neuen Stelle an der Universität Gießen als wissenschaftliche Mitarbeiterin der „Monetarisierung von Ökosystemleistungen“ und der Abbildung wahrer Kosten („true cost accounting“) zu widmen. Dieser Ansatz kann meiner Meinung nach ein wichtiger Hebel sein, um letztlich auch die Gemeinwohl-Leistungen des Bio-Anbaus zu honorieren und die Umstellung zu begünstigen.
Somit wünsche ich dem ÖkoNetzBW weiterhin alles Gute - die Stelle ist aktuell ausgeschrieben. Eine neue Koordination bringt sicher auch wieder neue Impulse ins Netzwerk. Letztlich sind es jedoch die Partnerbetriebe, die das Netzwerk ausmachen!