Mein Bio-Naschkasten
Selbst pflanzen und ernten ist wieder angesagt, besonders während der Corona-Pandemie, in der viele Verbraucher auch eine Vorliebe zum natürlichen Gärtnern entdeckt haben. Vorab wünschen sich viele Verbraucher von ihrem Gärtner vorgepflanzte und gekonnt als Naturerlebnis in Szene gesetzte Naschkästen. Diese zeigen ihnen die vielfältigen Verwendungsbeispiele von Naschgemüse oder -obst, Kräutern und blühenden Pflanzen auf. Weil das Naschen „von der Hand direkt in den Mund“ ganz unkompliziert verlaufen soll und Bioprodukte beim Verbraucher ohnehin hoch im Kurs stehen, liegt es nahe, alle „Insassen“ in Bio-Qualität anzubieten. Das könnte dann auch die blühenden Beet- und Balkonpflanzen betreffen. Die Bio-Produktion von Zierpflanzen spielt zwar nach wie vor eine kaum wahrnehmbare Rolle, sie könnte aber in Kombination mit ihren essbaren Nachbarn ein Verkaufsargument darstellen.
Früchte zum Naschen
Bio heißt nicht torffrei
Ohne Torf geht es trotzdem
Blumenerden für den Hobbybereich können jedoch auch gänzlich ohne Torf auskommen. Alle namhaften Substrathersteller bieten mittlerweile praxiserprobte Kombinationen aus Torfersatzstoffen an. Um eine gute torffreie Erde zu erhalten, werden dabei im Baukastensystem idealerweise die verschiedenen Komponenten bis zu einem (Volumen-)Anteil von maximal 20–30 % gemischt. Eine praxistaugliche Kombination könnte z.B. aus Holzfaser, Grünkompost, Rindenhumus, Kokopeat und Naturton bestehen. Da aber vor allem holzbasierte Torfersatzstoffe wie Holzfaser oder Rindenhumus im Substrat weiter umgesetzt werden und die verantwortlichen Mikroorganismen dafür Stickstoff benötigen, ist eine stickstoffbetonte Nachdüngung für Ihre Pflanzen sinnvoll. Für weitere Nährstoffe wie Phosphor, Kali und Spurenelemente sowie Mikroorganismen gelten insbesondere Grünschnittkomposte oder Rindenhumus als wertvolle Lieferanten. Sie zeichnen sich zudem durch ein gutes Pufferungsvermögen (ausgleichend auf Nährstoffkonzentration und pH-Wert) aus. Wird Kompost allerdings in zu hohen Anteilen beigemischt, kann der pH-Wert ansteigen. Neben den chemischen Eigenschaften sind natürlich auch die physikalischen Eigenschaften von Torfersatzstoffen wichtig. So haben torfreduzierte oder torffreie Substrate meist die Eigenschaft, pro Gießvorgang etwas weniger Wasser zu speichern als reine Torfsubstrate. Daher ist besonders in den Sommermonaten unbedingt auf eine ausreichende Wasserversorgung zu achten.
Organisch düngen
Wer naturgemäß gärtnern möchte, setzt außer auf torfreduzierte Erden auch auf organische Düngemittel. Nahezu jede Firma aus der Düngemittelindustrie bietet mittlerweile für den Biosektor ein gewisses Grundsortiment an. Die Vorteile von organischen Düngern sind unbestritten: Das Bodenleben und die Humusbildung werden sichtlich gefördert und das führt nachhaltig zu einem gesunden Boden. Zudem enthalten organische Dünger neben allen Hauptnährstoffen auch wichtige Mikronährstoffe. Wichtig zu wissen ist, dass organische Dünger nicht sofort wirken, sondern erst durch Mikroorganismen für die Pflanzen verfügbar gemacht werden müssen. Das klappt auch im Hochbeet, Kübel oder Blumenkasten gut, wenn eine Erde verwendet wird, die Kompost oder andere belebte Ausgangsstoffe enthält. Bestens bekannt sind Hornspäne, die gut als reine Stickstoffquelle in die Erde zu mischen sind. Unterschiedliche Fraktionen in Hornspäne, -gries oder -mehl garantieren je nach Verarbeitungsgröße eine unterschiedlich schnelle Mineralisierung und somit Stickstofffreisetzung. Ein heimischer Rohstoff ist die regional gewonnene Schafwolle. In Pellets verpresst, bieten Schafwolldünger als Stickstofflieferant eine besondere Langzeitwirkung. Als „Feuerwehr“ ist er allerdings eher ungeeignet, da die Freisetzung des Stickstoffs deutlich verzögert stattfindet. Neben Stickstoff enthält Schafwolle mit Kalium, etwas Phosphor, Magnesium, Schwefel und Spurennährstoffen viele weitere Nährstoffe. Zudem speichert sie noch Wasser, ein besonderer Vorteil, wenn die Schafwolle beispielsweise zur Düngung in leichte Sandböden eingearbeitet wird. Schafwolle ist im Handel beispielsweise als „Wolldünger“, „fiwo plant“ oder „Bio Universal Langzeitdünger mit Schafwolle“ erhältlich. Zu erwähnen ist der starke Eigengeruch von organischen Düngern, insbesondere auch der von Schafwollpellets.
Alles rein pflanzlich
Auch der Wunsch nach organischen Düngern rein pflanzlicher Herkunft nimmt zu. Wer vegetarisch oder vegan lebt, verzichtet bewusst auf Tierprodukte. Rein pflanzliche Dünger, wie beispielsweise der „Azet Veggie-Dünger“, bestehen aus pflanzlichen Ausgangsstoffen wie Lupinenextrakte, Phytogrieß (Mischung aus Rückständen der Mais-, Getreide-, Kartoffel- und Zuckerrübenverarbeitung), Kakaoschalen oder Melasse und weisen meist einen geringeren Stickstoffgehalt auf als tierische Rohstoffe. Für nährstoffbedürftiges Fruchtgemüse ist daher nach der Startdüngung ab Juli ein weiteres Aufstreuen und leichtes Einarbeiten des Düngers empfehlenswert, oder man düngt flüssig organisch nach. Gleiches gilt auch für KleePura, einen regionalen Bio-Dünger aus 100 % Bioklee, der nach den Naturland-Richtlinien zertifiziert ist. Auch die meisten organischen Flüssigdünger bestehen zu 100 % aus rein pflanzlichen Rohstoffen. Sie wirken deutlich schneller als die festen Dünger. Hauptbestandteil ist hier oftmals flüssige Vinasse oder Melasse aus der Zuckerrübenproduktion. Wenn organische Flüssigdünger im Blumenkasten verwendet werden, sind unbedingt Untersetzer zu benutzen, um eine mögliche Verschmutzung der Fassade zu verhindern. Vorsicht gilt auch beim Einsatz von Blumenkästen mit Wasserspeicher. Werden organische Flüssigdünger, wie beispielsweise Vinasse, mit Wasser verdünnt ausgebracht und im Bodenreservoir gespeichert, kann es bereits nach kurzer Zeit zu Gärungsprozessen kommen, unangenehme Gerüche sind die Folge.
Werden aber alle Erkenntnisse beachtet, die im Versuchswesen der LVG Heidelberg zu diesem Themenkomplex gesammelt und hier beschrieben wurden, dann steht einem sich prächtig entwickelndem Bio-Naschkasten nichts im Wege.
Robert Koch und Barbara Degen (LVG Heidelberg)