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Bio-AHVV und VwV-Kantine

Bio in der Außer-Haus-Verpflegung

Essensausgabe Kantine
Essensausgabe Kantine

Gemeinschaftsverpflegung in Bioqualität

Biolebensmittel in der Kantine

Die Bio-AHVV und VwV-Kantine

Die Bundesregierung hat sich 30 Prozent Bio-Anteil auf den deutschen Landwirtschaftsflächen bis 2030 vorgenommen. Damit die Umstellung der Landwirtschaft auf sicherem Boden steht, ist es wichtig, dass sich parallel auch die Nachfrage nach Bio-Lebensmittel weiterentwickelt. Ein wichtiger Hebel dafür ist die Außer-Haus-Verpflegung (AHV). Aber auch einem großen Teil der Bevölkerung liegt das Thema „Bio“ im Bereich Ernährung und Landwirtschaft am Herzen.



Quelle: BMEL-Ernährungsreport 2024

"Tag für Tag essen etwa sechs Millionen Menschen in Deutschland außer Haus – zum Beispiel in Kitas, Schulen, in Mensen, Restaurants oder Betriebskantinen. Bio-Lebensmittel in der Außer-Haus-Verpflegung tragen dazu bei, dass die Menüs klimafreundlicher werden und mit jedem Bissen ein Stück Biodiversität geschützt und Ressourcen wie Grundwasser und Böden geschont werden.“ Bundesminister Cem Özdemir 11/2022




Quelle: BMEL-Ernährungsreport 2024

All Bio-Lebensmittel die in der EU erzeugt, verkauft und als solche gekennzeichnet sind unterliegen der EU-Öko-Verordnung 2018/848 und werden entsprechend kontrolliert, zertifiziert und ausgezeichnet. Gemeinschaftsverpflegungen fallen i.R. nicht in diesen Geltungsbereich.

Mit der Bio-Außer-Haus-Verpflegung-Verordnung (BIO-AHVV) wurden die besonderen Rahmenbedingungen der Gemeinschaftsverpflegung berücksichtigt und auf die Außer-Haus-Verpflegung (AHV) zugeschnittene praktikable Vorgaben und Kennzeichnung, Kontrollen und bis zur Zertifizierung erarbeitet. Dies schafft Klarheit und Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einsatz von Bio-Lebensmittel in den gewerblichen Küchen. Die Regelungen für Bio-Kennzeichnung und Bio-Zertifizierung sind nun einfacher und unbürokratischer geregelt. So entfällt z.B. bei einem komplettaustausch von Zutaten die Dokumentation des Warenflusses.

Die eindeutige Erkennbarkeit der eingesetzten Bio-Zutaten und die Kategorisierung in Bronze, Silber und Gold Status je nach prozentualen geldwerten Anteil der Bio-Lebensmittel am Gesamteinsatz.

Die Bio-AHVV gilt für Restaurants, Imbiss, Kantinen, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und Caterer also Unternehmen in denen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit Lebensmittel für den unmittelbaren Verzehr durch den Endverbraucher zubereitet werden.Sie betrifft diejenigen Einrichtungen die Bio-Lebensmittel bei Mahlzeiten außer Haus einsetzen und damit werben.



Quelle: K. v. Ploki

Schulen und Kitas, in denen das Essen selbst, vor Ort, in eigenen Küchen und für den eigenen Bedarf zubereitet wird, müssen nicht kontrolliert und zertifiziert werden. Sie können den Einsatz von Bio-Lebensmittel einfach ausloben.

Bio-Kennzeichnung im Rahmen der Bio AHVV

Um eine einfache klarere, praktikable Kennzeichnung für den Küchenbetrieb, bei einer maximalen Transparenz für die Konsumenten bzw. Gäste zu erreichen, sind die verwendeten Bio-Zutaten und Bio-Erzeugnisse in einer Zutatenübersicht abzubilden. In der Zutatenübersicht wird dargestellt, welche konkreten Zutaten und Erzeugnisse in Bio-Qualität eingesetzt werden. Das deutsche Bio-Siegel, sowie regionale Bio-Siegel oder Logos der Anbauverbände darf mit eindeutigem Bezug auf die jeweiligen Bio-Lebensmittel eingesetzt werden. Wichtig ist immer, das eindeutig dargestellt wird, welche Qualitäten, Siegel und Logos sich auf welche Zutaten, Erzeugnisse oder Produktgruppen beziehen. Kennzeichnung mit dem Logo eines Anbauverbandes erfordern eventuell einen Nutzungsvertrag mit dem Anbauverband.

Kennzeichnung von Bio-Zutaten und Bio-Erzeugnissen darf nur erfolgen, wenn nicht zeitgleich, in der gleichen Betriebseinheit, gleiche nichtbiologische Zutaten und Erzeugnisse verwendet werden.

Die Zutatenliste muss tagesaktuell geführt werden. Sie muss übersichtlich gestaltet sein und gut sichtbar und zugänglich sein. Insgesamt wird der Dokumentationsaufwand geringer, da keine komplette Massenbilanz (Warenfluß) berechnet werden muss.

Für die Auslobung der Anteile an Bio-Lebensmitteln steht das neue Bio-AHV-Logo in Bronze (20-49%), Silber (50-89%) und Gold (90-100%) zur Verfügung. Hierbei ist der Geldwerte Bio-Anteil am gesamten Lebensmittel- bzw. Wareneinsatz auschlaggebend. Dabei sind Warenwirtschaftssysteme oder frei verfügbare exel-basierte Dokumentationshilfen (z.B. InForm-https://www.vernetzungsstelle-berlin.de/weitere-projekte/in-form-projekt-2017-19-1) von Vorteil



Verwaltungsvorschrift Kantine (Baden-Württemberg)


Der Erlass dieser Verwaltungsvorschrift entspringt dem unbedingten Wunsch und dem festen Willen des Landes Baden-Württemberg, eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Ernährung in der Außer-Haus-Verpflegung zu ermöglichen sowie die regionale Wertschöpfung und den ökologischen Landbau in Baden-Württemberg zu fördern. Dies wurde im Biodiversitätsstärkungsgesetz 2020 und dem Koalitionsvertrag 2021 festgeschrieben.

 Die Landeseigene Verwaltungsvorschrift Kantine (Baden-Württemberg) ist verpflichtend für alle Verpflegungseinrichtungen des Landes d.h. die der Versorgung der beim Land beschäftigten Personen dienen und dabei auch ein Mittagessen anbieten. Dabei werden diese Versorgungseinrichtungen zur Bio-Zertifizierung nach Bio-AHVV verpflichtet und müssen den Bio- und Regionalanteil der verwendeten Waren schrittweise bis 2030 erhöhen.

  •   Pflicht zur Bio-Zertifizierung nach Bio-AHVV
  •   exakte Erfassung des Bio-Anteils notwendig
  •   muss und soll-Anteile an bio-regionalen und regionalen Lebensmitteln
  •   Orientierung an den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
  •   bei mehreren Menülinien täglich mindestens ein vegetarisches/veganes Mittagessen
  •   Leitungswasser in Trinkwasserqualität muss kostenlosangeboten werden
  •   Bevorzugter Einsatz saisonaler Lebensmittel



Quelle: Sabine Reinisch

Für den verpflichtenden Einsatz ökologischer und bio-regionaler Lebensmittel erfolgt ein finanzieller Ausgleich durch das Land Baden-Württemberg. Auch für Personalschulungen und den erhöhten Dokumentationsaufwand gibt es einen Aufwandspauschale. Es werden umfangreiche Beratungsangebote zur Verfügung gestellt. So gibt es zu den verschiedenen Maßnahmen kostenlose Seminare, Fortbildungen und Veranstaltungen im Online-und Präsenzformat im Rahmen des Begleitprogrammes VwV-Kantine.



Quelle: Sabine Reinisch

Quellen:

  •  Der BMEL-Ernährungsreport 2024: Deutschland, wie es isst.
  •  Sabine Reinisch (MLR Ref. 210)-Vortrag 10/2024: Rechtlicher Rahmen von „Mehr Bio in der AHV“
  •  Katharina von Plocki(MLR Ref. 63)-Vortrag10/2024: Aufbau von Wertschöpfungsketten am Beispiel der Gemeinschaftsverpflegung
  •  BMEL-04. Nov. 2022 Pressemitteilung Nr. 152/2022
  •   a’verdis – Ein Leitfaden zur Umsetzung der Bio-AHVV 06/2024
Gesichter des Ökolandbau

Interview mit Sabine Reinisch zur Bio-AHV und VwV-Kantine

Sabine Reinisch


1. Welche Berührungspunkte hattest Du mit der Biologischen Landwirtschaft in deinem beruflichen Werdegang?

Mit der biologischen Landwirtschaft hatte ich bereits im Studium zu tun, ob im Rahmen der Masterarbeit, bei der Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der Koordinationsstelle für Ökolandbau oder als Mitglied des studentischen Arbeitskreises Ökolandbau. Nach dem Studium zog es mich in die Praxis und hatte die Gelegenheit als Agraringenieurin für den Ökobetriebsteil eines großen Gemüsebaubetriebs in der Pfalz verantwortlich zu sein. Danach kehrte ich zurück in das Versuchswesen und bin seit 2014 als Versuchsingenieurin an der LVG Heidelberg für den ökologischen Gemüsebau zuständig. Seit Mai 2024 bin ich nun im Rahmen einer Abordnung als Referentin am MLR im Referat 210 (Ökologischer Landbau) tätig.

 

2. Was ist die Kernaufgabe deiner derzeitigen Stelle am MLR (Referat 210)?

Als Referentin bin ich mit den Fragen zu Bio in der AHV und speziell zur Bio-AHVV und im Kontext der VwV Kantine betraut. Auch die enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den anderen beteiligten Referaten steht dabei im Fokus. Dazu gehört u.a. die Mitwirkung am Begleitprogramm der VwV Kantine, sowie die Mitwirkung an verschiedenen, referatsübergreifenden Veranstaltungen im Kontext der AHV. Zusätzlich gehören Stellungnahmen zum Aufgabenfeld des oben genannten Themenbereichs.

 

3. Mit welchen Akteuren hast Du am meisten zu tun?

Insbesondere für die Kolleginnen und Kollegen aus Abteilung 6 (Markt und Ernährung) bin ich Ansprechpartnerin zum Thema Bio und arbeite der Abteilung zu. Referat 66 ist im Bereich der VwV Kantine federführend. D.h. dort gehen in der Regel die Fragen der Kantinen/Mensen/etc. ein. Insofern diese Anfragen das Thema Bio bzw. Zertifizierung betreffen, werde ich fachlich einbezogen. Auch stehe ich mit dem RP Karlsruhe (Kontrollbehörde) zu den Themen der Öko-Kontrolle im Austausch und halten Rücksprache. Mit den weiteren Akteuren (Erzeuger, Verarbeiter, AHV-Betriebe) findet die Vernetzung und der Austausch insbesondere bei Veranstaltungen statt. In diesem Zusammenhang knüpft man dann natürlich auch Kontakte mit diversen Dienstleistern der Bio-AHV-Branche und allgemeine Kontakte auf Bundesebene.  

 

4. Welche Probleme begegnen Dir bei der Umsetzung von Bio-AHVV und VwV- Kantine?

Die VwV Kantine bezieht sich inhaltlich auf die Bio-AHVV und deren Vorgaben zur Bio-Zertifizierung. Da sowohl die Bio-AHVV und die VwV Kantine zwei relative junge Rechtsgrundlagen sind, die mehr oder weniger parallel auf den Weg geschickt wurden, entstehen im Umsetzungsalltag noch Fragen und müssen einzelne Vorgaben im laufenden Prozess geklärt bzw. in Einklang gebracht werden.

 

5. Welche Rahmenbedingungen müssten noch geändert werden, dass die Umstellung der Außerhausverpflegung leichter und in der Fläche besser gelingt?

Die Rahmenbedingungen von rechtlicher Seite sind gut. Durch die neue Bio-AHVV ist vieles mit Blick auf die Zertifizierung und Auslobung für die Betriebe klarer und weniger aufwändig geworden. Im Zuge der VwV Kantine werden unsere Landeskantinen intensiv unterstützt. Diverse Schulungen, Seminare, Workshops aber auch Lieferantenchecks und individuelle Beratungen stehen zur Verfügung. Zusätzlich erhalten die Einrichtungen einen finanziellen Ausgleich für den Mehraufwand durch das Land. Ein von den Kantinen oft angesprochenes Thema ist allerdings die Verfügbarkeit von insbesondere regionalen Bio-Lebensmitteln in Bezug auf die für die AHV geeigneten Aufbereitungsformen und Lieferstrukturen. Hier stehen wir vor dem Henne-Ei-Problem. Allerdings gibt es mehr Angebote, als viele denken, auch bio-regionale. Der Preis spielt natürlich auch immer eine Rolle. Erzeuger, Verarbeiter und Lieferanten benötigen eine verlässliche Nachfrage, um in den weiteren Aufbau des Angebots, z.B. in der Vorverarbeitung zu investieren und die abnehmende Hand braucht eine kontinuierliche Belieferung. Aber auch hier unterstützt das Land Baden-Württemberg hervorragende Projekte und Initiativen, z.B. im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) oder in den Bio-Musterregionen), um die Akteure zusammenzubringen.

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